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13. Mai 2020

Corona – Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft

Über 60 Milliarden Franken – diese hohe Zahl ist in den letzten Tagen durch die Presse gegangen, denn so viel sollen die Corona-Massnahmen den Bund kosten. Wofür das Geld gebraucht wird, woher es kommt und wie teuer die Corona-Krise die Schweiz wirklich zu stehen kommt, hat Discuss it im Interview mit den Nationalrätinnen Christa Markwalder (FDP BE) und Jacqueline Badran (SP ZH) besprochen.

Seit der Bundesrat am 16. März die ausserordentliche Lage ausgerufen hat, ist in der Schweiz vieles anders. So wurden zum Beispiel alle Kinos, Restaurants und Läden, die keine Lebensmittel verkaufen, geschlossen. Das ist aber nicht nur für diejenigen ein Problem, die gerne shoppen oder essen gehen, sondern vor allem auch für die Besitzenden der geschlossenen Geschäfte. Denn während sie in den letzten zwei Monaten nichts eingenommen haben, sind Kosten wie Miete oder Löhne weiterhin angefallen. Deshalb hat der Bundesrat schon im März beschlossen, Schweizer Betriebe finanziell zu unterstützen.


Wofür das Geld gebraucht wird


Um die gigantische Zahl nochmals in Erinnerung zu rufen: Auf 65.6 Milliarden Franken belaufen sich die Corona-Massnahmen des Bundes (Stand 6. Mai 2020). Das ist fast so viel, wie der Bund normalerweise in einem ganzen Jahr ausgibt, unter anderem für die soziale Wohlfahrt, den Verkehr oder die Bildung. Das Geld soll den Unternehmen helfen, die fehlenden Einnahmen zu überbrücken, sodass sie nicht in Konkurs gehen und keine Mitarbeitenden entlassen müssen. Das meiste Geld wird dabei für die Arbeitslosenversicherung (für Kurzarbeit) und Bürgschaftskredite ausgegeben.


Wenn ein Geschäft aufgrund der Corona-Massnahmen schliessen musste, kann für die Mitarbeitenden die sogenannte Kurzarbeit bezogen werden. Damit bekommen die Angestellten von der Arbeitslosenkasse weiterhin 80% ihres Lohns ausbezahlt, auch wenn sie zurzeit nicht arbeiten dürfen. Dadurch behalten sie ihre Anstellung und können nach der Wiedereröffnung der Betriebe direkt wieder zu arbeiten beginnen.


Zudem ist es den Betrieben möglich, bei den Banken einen Kredit aufzunehmen, um die laufenden Kosten zu decken. Normalerweise geht die Bank dadurch ein Risiko ein, da es sein könnte, dass das Unternehmen in Konkurs geht und den Kredit nicht zurückbezahlen kann. Bei den sogenannten Bürgschaftskrediten kommt hier der Bund ins Spiel, indem er für die Unternehmen bürgt. Das bedeutet, dass er der Bank das Geld zurückerstattet, sollte ein Geschäft bankrottieren und dadurch zahlungsunfähig werden. Weil die Bank so kein Risiko eingeht, leiht sie den Geschäften viel mehr Geld, als sie es normalerweise tun würde. Das hilft den Unternehmen, die durch Corona verursachten finanziellen Engpässe zu überbrücken.


Wichtig sei dabei, zu realisieren, dass ein beträchtlicher Teil dieser 60 Milliarden Franken auch wieder zurückkommen wird, finden Jacqueline Badran und Christa Markwalder. Denn das Geld ist bei Krediten nur ausgeliehen und die Geschäfte bezahlen es den Banken unter normalen Umständen später zurück. Der Bund verliert die rund 40 Milliarden Franken, die in den Bürgschaftskrediten stecken, also nur dann, wenn ein Geschäft Bankrott macht und den Kredit nicht mehr zurückzahlen kann. «Vielleicht – wenn man realistisch ist – muss man mit 10-20% Ausfällen rechnen, aber eigentlich kommt dieses Geld wieder zurück», vermutet Jacqueline Badran.


Woher das Geld kommt


Wie auch private Haushalte über ein beschränktes Budget verfügen, steht dem Bund für seine Ausgaben nur die Menge an Geld zur Verfügung, die er zuvor durch Steuern eingenommen hat. Damit die Schweiz nicht mehr Geld ausgibt, als sie einnimmt, gibt es die sogenannte Schuldenbremse, die dafür sorgt, dass das Budget des Bundes über eine gewisse Zeit hinweg ausgeglichen ist. Von dieser Regel kann in besonderen Situationen wie der Corona-Krise aber eine Ausnahme gemacht werden. Für die Schulden des Bundes wird dann ein neues Konto eröffnet, das er im Laufe der Zeit wieder ausgleichen muss. In den letzten Jahren waren die Ausgaben der Schweiz jeweils tiefer als ihre Einnahmen, sodass schon 3 Milliarden Franken auf diesem Konto angespart wurden. Dieses Geld kann nun für die Corona-Massnahmen ausgegeben werden.


Dennoch bleibt am Ende ein beträchtlicher Schuldenberg übrig. Gemäss Gesetz hat der Bund sechs Jahre Zeit, die Schulden, die er jetzt anhäuft, wieder abzutragen, indem er beispielsweise weniger ausgibt oder die Steuern erhöht, um mehr einzunehmen. Das Parlament kann diese Frist von sechs Jahren bei Bedarf zudem verlängern. Da durch die Corona-Massnahmen sehr viele Schulden entstanden sind und weiterhin entstehen werden, ist es wahrscheinlich, dass das Parlament einer solchen Fristverlängerung zustimmt. Die Abtragung der Schulden wird lange dauern und in den kommenden Jahrzehnten insbesondere zukünftige Generationen betreffen. Deshalb ist es gemäss Christa Markwalder wichtig, nicht zu hohe Schulden anzuhäufen. «Ich hoffe einfach, dass wir die finanzpolitische Vernunft nicht ganz beiseitelegen, denn ansonsten ist es die Generation von Discuss it, die dann über ihr ganzes Leben hinweg den Schuldenberg, den wir jetzt in so kurzer Zeit angehäuft haben, langwierig und mühsam abtragen muss.»


Wie es jetzt weitergeht


Seit Montag, 11. Mai, dürfen nun alle Läden, Restaurants und Bars wieder öffnen – allerdings unter strengen Auflagen. So müssen überall die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden und die Angestellten müssen Schutzmasken tragen, wenn sie engen Kundenkontakt haben. Für die Geschäfte bedeutet dies nebst einem finanziellen Mehraufwand – beispielsweise durch den Kauf von Schutzmasken und Desinfektionssprays – auch weniger Umsatz. So können in Restaurants oftmals nicht alle Tische besetzt werden und beim Coiffeur dürfen je nach Ladenfläche nicht alle Angestellten gleichzeitig arbeiten. Die Unternehmen werden also auch weiterhin auf Unterstützung durch den Bund angewiesen sein.


Dass die Öffnung der Geschäfte letzten Montag nicht alle finanziellen Probleme und Schulden einfach wegzaubern wird, bemerkt auch Jacqueline Badran. Dies sei aber kein Grund, die Geschäfte weiterhin geschlossen zu lassen. In diesem Punkt stimmt ihr auch Christa Markwalder zu: «Ich denke, wir müssen auch schauen, dass dort, wo es sich gesundheitspolitisch rechtfertigen lässt, die Menschen möglichst schnell wieder zu arbeiten beginnen.»


Not macht aber auch erfinderisch und es sei derzeit wichtiger denn je, kreativ zu denken und zu improvisieren, finden die beiden Politikerinnen. So können in der Krise plötzlich neue Geschäftsideen entstehen. Mit diesen Innovationen gewinnen sie der aktuellen Situation immerhin einen positiven Aspekt ab.


Alle Aussagen der Politikerinnen findest du im Video über diesem Blogbeitrag.


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Erstellt von Alina Zumbrunn